wagnerkunstmanagement

Wolfgang Köppl

* Malerei als ästhetisches Konzept

(Auszüge aus der Zulassungsarbeit an der Akademie der Bildenden Künste, München)

"Bei der Arbeit an einer Radierung wurde ich auf ein grafisches Grundprinzip aufmerksam. Im wesentlichen beinhalten Grafiken immer drei darstellende Basiskomponenten: Grundfläche, Binnenfläche und Strich. Ich begann darauf hin Bilder zu malen in denen ich diese Komponenten mit zwei Gestaltungsprinzipien verknüpfte, die mich bereits in den Monaten zuvor während des Malens beschäftigten: der Gegensatz hell - dunkel und die Strukturen von Flächen.

Diese grundlegenden Elemente der Malerei und Grafik in einem Erscheinungsbild klar zu definieren, wurde schließlich zum Programm.. Mittelpunkt und Ausgangspunkt sind die für Grafiken typischen Farben Schwarz, Grau und Weiß und deren gesamte Pallette von Zwischentönen. Hinzu kommen Rottöne und deren Spektrum. Durch diese Einschränkung in der Farbdarstellung erhalten die Farben dementsprechend Gewicht.

Kunstwerke erzeugen Spannungen und Entspannungen mittels der Elemente, aus denen sie bestehen. Das sind zu einem die Darstellungen selbst, also Geschichten, Situationen, Szenen und zum anderen, wie bei meinem Konzept, die Darstellungsweisen wie Farben, Farbauftrag, Duktus, Flächen, Strukturen und Texturen.

Die Komposition beruht auf wesentlichen Aspekten der Wahrnehmungslehre. So werden beispw. Schwarz und Weiß aufgrund ihres maximalen Helligkeitsunterschieds als spannend empfunden oder in den grauen Flächen die nuancierten Farbunterschiede. Je ähnlicher die Farbtöne sind desto größer wird die Spannungsempfindung. Eine wichtige Rolle dabei spielt neben der Tönung auch die Sättigung der Farbe. Kombinationen aus gesättigten Farben werden als spannungsgeladener empfunden als Kombinationen weniger gesättigter Farben. In meinen Bildern wird in der Regel einer relativ gesättigten Farbe (z. B. schweres Schwarz) einer weniger gesättigten Farbe (z. B. leichtes Grau) gegenübergestellt und dadurch Spannung erzeugt. Dieser Eindruck wird durch die Trennung der Farbflächen anhand deutlicher Konturen noch verstärkt.

Grau wird wahrnehmungspsychologischen Studien zu Folge grundsätzlich als entspannend empfunden. Es liegt im Farbkörper genau in der Mitte. Es erstellt den Mittelpunkt der Dimension der Helligkeit und der Sättigung im allgemeinen und im Bezug auf jede einzelne Farbe den Punkt des vollkommenen Gleichgewichts. Schwarz wird diesen Untersuchungen zur Folge durchaus als Farbe anerkannt und dient der Darstellung unerfreulicher Empfindungen und niedergeschlagener Geisteszustände. In meinen Bildern steht dem entspannenden Grau eben meist ein emotional spannungsgeladenes Schwarz oder dessen Abbild Weiß gegenüber. Mit dem Rot, einer Farbe, die ebenfalls hoch emotional besetzt ist, verkörpert sie doch Gefühle und Zustände, die man mit Liebe, Erotik und Sexualität assoziiert, verhält es sich ebenso wie mit Schwarz.

Hinzu kommen also, psychologisch betrachtet, kulturelle und symbolische Bedeutungen. Dem Grau wird sehr stark die Bedeutung von Einsamkeit und von Angst zugeschrieben. Weiß wird in westlichen Kulturen mit Reinheit, Unschuld oder Freiheit, Schwarz dagegen mit Trauer, Tod, Nacht und Verlust verbunden.

Die Bilder stellen von Anfang an Klarheit her und sind keinem bekannten Bildkontext zuzuordnen. Sie entsprechen weder den gängigen Vorstellungen von Bild noch unseren Sehgewohnheiten. Betrachtet man die Arbeiten, nimmt man erst die großen Flächen wahr, bevor man die Strukturen, Texturen, Verwischungen, Striche, Schlieren oder ausgefransten Ränder registriert. Aber gerade diese prägen die Bilder maßgeblich. So wird der eigentliche "Mikrokosmos" von Bildern zum Gegenstand der Bilddarstellung. Es werden keine komplexen Abbildungen dargestellt, sondern einfache Informationen. Es ist eine Art digitale Herangehensweise, wobei das Gezeigte mit Pixel absolut nichts zu tun hat.

Die Gemälde vereinfachen und fokussieren und setzen somit Akzente. Der Betrachter ist aufgefordert, seine konventionelle Vorstellung von Bild zu überprüfen und kritisch zu hinterfragen. Was macht ein Bild aus? Wie nehmen wir Bilder wahr? Was ist ein Bild?

Wahrnehmung basiert auf Erfahrung. Zu lernen, Bilder auf eine andere Art und Weise wahrzunehmen, als wir es gewohnt sind, bereichert unsere Sinne, unser Wissen. Es erweitert unsere Fähigkeiten, zu modifizieren und zu differenzieren. Kunst kann Perspektiven eröffnen, die Sinne reizen und Erlebnisse schaffen. Wahrnehmungsschulung, sinnliche Empfindung und kritisches Hinterfragen sind Säulen, die die Bildende Kunst tragen und die darüber hinaus Einfluss auf das Handeln in unserer Gesellschaft nehmen. Kunst befruchtet die mediale Unterhaltung ebenso wie das individuelle Denken und das Wirken von Institutionen. Die Menschen aufzufordern, ihre Eindrücke kritisch zu überprüfen, heißt auch, sie aufzufordern, sich selbst zu überprüfen. Wichtig ist mir aber dabei, dem Betrachter wirklich die Wahl zu lassen. Ihn nicht mit Konventionen zu bedienen."

Wolfgang Köppl, München im April 2003